von Lisa Kämling:
In Amerika gilt es, nach Weihnachten, mit Ausgaben von etwa 8 Milliarden Dollar als das kommerziellste Fest im Jahr. Auch die Deutschen geben für das Gruselevent jährlich rund 200 Millionen Euro für Süßigkeiten, Dekoration und Kostüme aus. Kinder laufen, schaurig verkleidet, von Haus zu Haus und sammeln kleine Naschereien. Wer ihnen keine gibt, dem wird zur Strafe ein gemeiner Streich gespielt. Es werden gruselige Fratzen in Kürbisse geschnitzt und Häuser düster dekoriert. Die Älteren besuchen Halloweenpartys oder schauen einen unheimlichen Film. So wird das heutige Halloween als moderner Feiertag immer beliebter bei Groß und Klein.
Auch die Kelten hatten eine ähnliche Tradition. Das Fest stammt laut Überlieferungen vermutlich aus Irland oder Schottland und wurde als „Samhain“ bezeichnet. In der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November wurden das Ende des Sommers und somit auch das Ende der Erntezeit gefeiert. Die Menschen, die damals nur zwischen Sommer und Winter unterschieden, waren der Überzeugung, dass in dieser Nacht die Toten den Lebenden am nächsten stünden. Um nicht selbst vom Tod geholt zu werden, kostümierten sie sich angsteinflößend. So, glaubten die Kelten, müsse der Tod sie für bereits verstorben halten und an ihrem Haus vorbei gehen. Anschließend legten sie Lebensmittel sowie andere kleine Gaben vor die Türen ihrer Häuser. Sie vertrauten darauf, die Geister der Toten durch die hinterlassenen Geschenke zähmen zu können. Gleichzeitig endete das Jahr der Kelten am 31. Oktober und sie entzündeten deshalb an diesem Tag große Freudenfeuer. Eine Zeit lang gab es das Gerücht, Samhain sei ein Opferfest gewesen, an dem Vieh verbrannt und Kinder geopfert wurden, um sich mit den Ahnen gutzustellen. Hierfür wurden allerdings nie Belege gefunden. Erwähnung fand dieses Fest zum ersten Mal im 8. Jahrhundert, als die katholische Kirche versuchte, dies für sie heidnische Fest abzuschaffen. Im 6. Jahrhundert vor Christus wurden die Kelten bei Herodot und anderen Geschichtsschreibern erwähnt, woraus sich schließen lässt, dass auch ihre Feste und Riten viel weiter zurückreichen als nur ins 8. Jahrhundert nach Christus.
Als die Römer das riesige Reich der Kelten größtenteils erobert hatten, verschmolzen keltische und römische Traditionen. Dem keltischen Samhain entsprangen vermutlich zwei neue Feste. Zum einen war dies Feralia, der Abschluss der neuntägigen Gedenkfeier für die Toten am Ende des römischen Jahres (21. Februar), zum anderen das Fest zu Ehren der römischen Göttin der Früchte und des Obstbaus, Pomona.
Der christliche Brauch geht auf das zehnte Jahrhundert nach Christus zurück und wird zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Abt Odilo von Cluny im Jahre 998 als Allerseelen erwähnt. Damals gingen die Menschen im christlichen Europa am 2. November durch die Straßen, um das Seelenbrot zu erbitten und so den Verstorbenen zu gedenken. Die Katholische Kirche feierte am 1. November das Fest der Allerheiligen, weshalb der Abend davor „All Hallows Eve“ genannt wurde, woraus sich die heutige Bezeichnung von Halloween ableitet. Durch irische Einwanderer gelangte das Brauchtum schließlich in die USA, wo es sich abermals veränderte und weiterverbreitete.
© Snap-Apple Night (1832), Daniel Maclise: Halloweenfeier in Blarney, Irland .
In Deutschland feierte man Halloween erstmals im Jahr 1991. Nachdem der Karneval aufgrund des Irakkrieges ausfallen musste, blieben die vielen, anlässlich des Karnevals produzierten Kostüme und Süßwaren in den Geschäften liegen. Um die hohen Verluste zu vermeiden, feierte man stattdessen Halloween. So konnten Süßigkeiten und Verkleidungen doch noch verwendet werden.
Der Mensch sehnt sich nach Tradition und nach Festen, die das Jahr strukturieren. Halloween bedient diesen Trend genauso wie Muttertag und Valentinstag. Die Tradition, welche früher auf der Angst vor dem Tod basierte und der Abschreckung böser Geister dienen sollte, entwickelte sich nach und nach zu einem—wirtschaftlich gesehen—gänzlich profitorientierten, jährlich stattfindenden Event der Gegenwart. Die Bedeutung des Brauches hat sich so sehr gewandelt, dass heute keine religiösen Hintergründe mehr zu erkennen sind, sondern der einzige Sinn darin besteht, Spaß zu haben. Nachdem zuerst nur die Kleinsten von uns ihren Vorteil daraus zogen, begeistern sich heute alle Altersgruppen für Halloween, wobei ganz besonders Horrorfans auf ihre Kosten kommen.
Bildquellen: pexels.com, Daniel Maclise
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