von Bianca Ierullo
Die Gamershirts sind eingepackt, das Sparschwein geschlachtet, die Powerbank aufgeladen und das große Zockerherz tanzt Tango in der Brust. Selbst jetzt, in dem Moment ich diese Zeilen tippe, läuft im Hintergrund der Soundtrack von World of Warcraft. Ich habe im Verhältnis relativ spät angefangen zu zocken. Erst durch meinen Bruder bin ich mit Spielen wie Call of Duty, Battlefield und auch Final Fantasy in Berührung gekommen. Diablo III. hat meine ganze Leidenschaft und Hingabe bekommen—auch wenn ich den Endgegner schon auf den unterschiedlichsten Schwierigkeitsstufen besiegt habe, es wird dennoch immer wieder hervorgekramt. Da Diablo ein Spiel aus der Ecke von ‘Blizzard’ ist—einem großen Game-Studio, das unter Anderem für World of Warcraft bekannt ist—war meine Vorfreude auf deren Präsentation auf der Gamescom natürlich am größten. Doch leider waren diese Giganten nicht anwesend. Also kein neues Spiel, welches man auch nur 5 Minuten hätte ausprobieren können, kein Demovideo für weitere Leckerbissen.
„Super schade! Werde es aber überleben.“-Marvin P.
Aber nichtsdestotrotz wurde auf der diesjährigen Gamescom so viel geboten, dass es praktisch unmöglich war, alles in den fünf Tagen zu sehen und auszuprobieren.
Fotos: privat
Langes Warten, Sitzfleisch und Geduld, all das sind die Voraussetzungen, um circa 15 Minuten eines heißgeliebten Spieles zu genießen. Ob es nun Spiele sind, auf die man noch ein halbes Jahr warten muss, wie zum Beispiel bei Final Fantasy, oder Spiele, die es demnächst im Handel gibt oder die bereits erschienen sind, wie das bei Dragonball Z Legends der Fall ist. Bei knapp 400.000 Besuchern kann es dann auch schon mal vorkommen, dass bis zu 3 Stunden gewartet werden muss. In der Zeit werden ein paar Minuten Schlaf nachgeholt, Snacks verdrückt oder Informationen ausgetauscht, was man unbedingt noch sehen sollte.
„Im Vorjahr waren die Wartezeiten noch 5 Stunden plus, also hat man sich dieses Jahr besser organisiert.“-Viet H.
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Oder aber es entstehen neue Freundschaften, so wie mir es tatsächlich passiert ist. Ich habe die Menschen um mich herum genau beobachtet—es gab keinen Neid, keine herablassenden Blicke, so wie wir sie auf der Straße geerntet haben. In diesen Hallen herrschte praktisch der Frieden, den wir auch außerhalb dieser Hallen brauchen. Man hat sich untereinander nicht gekannt, aber dennoch kam man an jeder Ecke immer wieder ins Gespräch, egal ob die Cosplays bewundert wurden oder durch die Erlebnisse des bereits gespielten Spiels; Freundlichkeit war selbstverständlich. Dies sollte auch so sein, aber im Vergleich zur Gamescom wurden wir meist auf dem Weg zur Halle immer wieder angehalten und von fremden Menschen in der Bahn beschimpft. Ich trug kein Cosplay, sondern war in voller Fan-Montur mit Shirt und bunten Anhängern am Rucksack. Trotzdem gab es Kommentare wie: „Die sind alle krank, wie kann man in dem Alter noch so rumlaufen?“ oder „Die spinnen, die gehören alle verhaftet und für immer eingesperrt!“
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Meine persönlichen Highlights waren das Treffen der Streamer und Podcast-Hosts Rocketbeans, die mich so oft zum lachen bringen, wenn ich mir ihre Morgensendung Moin Moin anschaue oder gespannt ihr Pen and Papers verfolge. Und selbstverständlich auch das neue Final Fantasy Spiel, welches ich leider nicht ausprobieren konnte, da die Wartezeit meine persönliche Geduldsgrenze überschritt. Jetzt im Nachhinein ärgert es mich ein wenig, denn hätte ich nur ein bisschen mehr Geduld, wäre ich jetzt eine der Glücklichen, die in das neue Final Fantasy hätten eintauchen können. Aber dennoch wurde ich entschädigt, da ich auf dem ‘Final Fantasy Fangathering’ sein durfte. Um es in einem Satz zusammenzufassen, handelte es sich dabei um eine Fan-Party, bei der Final Fantasy Gamer mal für ein paar Stunden ganz in ihrer Welt sein konnten.
Nach meiner Beobachtung und vereinzelten Gesprächen waren die allgemeinen Highlights eher die große Präsentation der Spiele Borderlands 3, Cyberpunk und Final Fantasy.
„Ich freue mich schon so unglaublich lange auf Cyberpunk, ich kann es kaum erwarten bis ich es endlich zocken kann, habe mir sogar Urlaub genommen.“-Anna K.
„Und wenn ich den ganzen Tag für Borderlands anstehen muss, ich werde es tun. Und danach werde ich mir das Spiel sofort am Stand daneben vorbestellen.“-Jessica W.
Die Vielfalt, die auf der Gamescom geboten wurde, ist enorm. Selbst Retrospiele, praktisch die Anfänge der Videospielwelt, konnte man spielen. Da ich dann doch diese Zeit verpasst habe, habe ich mich in jene zurück gebeamt und einfach mal ein paar Minuten dieser Art von Spielen genossen. Meine persönliche Meinung dieser ersten Spiele ist ein bisschen zwiegespalten, da ich zum einen eine völlig andere Grafik, Auflösung und Storys gewohnt bin. Auf der anderen Seite ist es aber auch unglaublich spannend, mit wie vielen Pixeln und mit was für einer noch so kleinen Geschichte man doch Spaß haben kann und das Spiel unbedingt gewinnen möchte.
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„Wow…das ist echt lustig. So ein Retrospiel möchte ich auch haben.“-Lisa O.
Wie mit allen Veranstaltungen gibt es immer eine Kleinigkeit, die dem einen oder anderen negativ auffällt. Zum Beispiel waren die Food-Stände einfach zu teuer. Ebenso gab es weniger Shirts, die man nach dem Anspielen sonst immer bekommen hat. Dennoch sind dies eher Luxusprobleme, die einem dann auch nur auffallen, wenn man sonst mehr als zufrieden ist.
Auch mit der langen Wartezeit sieht man es hinterher nicht mehr so tragisch, denn sie gehört zur Gamescom dazu und man gönnt es jedem, der die eine oder andere Minute bereits genießen konnte. Ich glaube, ich würde nicht viel anders machen. Das einzige was ich mir wünschen würde, wäre dass die Veranstalter für nächstes Jahr Blizzard an Land ziehen können. So ein großes Imperium kann sich die Gamescom einfach nicht entgehen lassen. Dann wäre meine kleine Welt rund um die Games perfekt. Ob ich nächstes Jahr wieder hingehen werde? Ja! Und um einen sehr guten Freund zu zitieren: „Ist eine Tradition jedes Jahr hinzufahren und mich mit Kumpels zu treffen.“
Für mich wird dies nun auch eine neue Tradition werden. Die Erwartungen wurden erfüllt, „wenn nicht sogar leicht übertroffen.“ Ich möchte mich auch auf diesem Wege für alles bedanken. Danke an die Veranstalter, an die Anbieter und alle, die dort waren. Ihr habt mir ein paar unvergessliche Tage bereitet.
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